RINDER
Im Jahr 2015 haben wir überlegt, wie wir die Wiese hinter unserem Hof bewirtschaften wollen und
schwankten zwischen Schafen oder Ziegen hin und her. Schlussendlich haben wir uns dann aber doch
einfach zwei Dexter-Kühe geholt. Diese Robustrasse kommt ursprünglich aus Irland und
gehört zu den kleinsten europäischen Rinderrassen. Ein halbes Jahr später holten wir
uns noch einen Dexter-Bullen, und dann nahm alles seinen Lauf.
Da wir hinsichtlich Rinderhaltung komplett unerfahren waren, haben wir unter anderem an einem Kurs
zum Thema Kuhsprache und Low-Stress-Stockmanship teilgenommen. Zu verstehen, wie die Tiere
untereinander kommunizieren und wie wir auf die Tiere wirken, war eine sehr eindrucksvolle Erfahrung
für uns, die uns und vor allem unseren Umgang mit den Tieren sehr geprägt hat. Unsere
Tiere sollen ein möglichst stressarmes und artgerechtes Leben führen dürfen, in dem
auch Rücksicht auf ihre natürlichen Bedürfnisse genommen wird.
Natürlich haben alle unsere Tiere Hörner, auch wenn es genetisch hornlose Dexter gibt.
Aber man merkt im Alltag mit den Tieren, wie sie ihre Hörner brauchen: zum Kratzen, für
ihr Sozialverhalten oder einfach, um sich von einem Apfelbaum die Früchte
herunterzuschütteln.
Unsere Tiere stehen ganzjährig im Freien. Sie haben immer Zugang zu Bäumen, Hecken oder
einem kleinen Unterstand, um sich im Sommer in den Schatten legen zu können und im Winter vor
Dauernässe zu schützen. Prinzipiell machen den Tieren aber die kalten Wintertemperaturen
nichts aus. Sie haben ja eine gefütterte Lederjacke an und ihr Pansen, in dem pausenlos
Millionen von Mikroorganismen unter anderem Wärme produzieren, wirkt wie eine Heizung von
innen.
Zu fressen bekommen die Tiere bei uns ausschließlich Gras und Heu, manchmal auch einen
Silageballen.
Auf der Suche nach einem geeigneten Weidesystem sind wir auf das ganzheitliche Weidemanagement
gestoßen, das wir seit 2021 versuchen umzusetzen. Dabei wird die Natur nachgeahmt, in der die
Tiere als Herde dicht zusammenstehend grasen und über das Land ziehen. In kurzer Zeit kommen
viele Tiere auf eine Fläche, der Druck auf das Weideland ist also recht hoch. Dabei werden die
Gräser nicht bis zum Boden abgefressen, was sich positiv auf das Wurzelwachstum auswirkt.
Gleichzeitig werden Gräser von den Tieren niedergetreten. Diese kommen dem Boden als
Mulchschicht zugute und schützen diesen vor Trockenheit, der Sonneneinstrahlung oder
Starkregen. Die Tiere kommen dann erst wieder auf die Fläche, wenn die Graspflanzen
genügend nachgewachsen und ihre Reserven wieder aufgefüllt sind.
Durch diese Beweidung wird langfristig Kohlenstoff im Boden gespeichert.
Konsequenterweise möchten wir unseren Tieren auch ein stressfreies Ende ermöglichen. Sie
verlassen uns daher mittels Weideschuss. Auf diese Weise dürfen sie bis zum letzten Moment in
ihrer gewohnten Umgebung und in ihrer Herde bleiben. Es fällt ein Schuss, das Tier geht zu
Boden, der Fleischer setzt den Kehlschnitt, und dann wird das Tier zu seinem nahegelegenen Betrieb
gefahren. Anders möchten wir unsere Tiere nicht mehr schlachten.